Verlassene Orte
Fotodokumente der Veränderung
Manfred Fessel und Marianne Bellenhaus
Ausstellung im Medizin- und Apothekenmuseum vom 26. 09. bis 15. 11. 2015 In unseren Breiten, wo man an ordentlich gepflegte Häuser und Vorgärten, an Einkaufsstraßen mit bunter
Reklame und an diskret und funktional angelegte Industrieanlagen gewöhnt ist, erwartet man nicht unbedingt verlassene, verwahrloste Orte. Doch es gibt sie auch hier. Fotografien von solchen Orten werden vom 26. September bis zum 15. November 2015 im Medizin- und Apothekenmuseum in Rhede zu sehen sein.
Um diese Orte, die alle einmal große Bedeutung hatten – für einzelne Menschen oder für viele, gar für eine ganze Region – und die nun aufgegeben wurden, ist stets eine besondere Aura. Doch nur für den, der hinschaut, denn häufig werden sie vorsichtshalber „links liegen gelassen“, sind wenig beachtet, werden als „Schandfleck“ gemieden, verschwinden hinter Zäunen – und verschwinden manchmal still und unbemerkt ganz und gar. Lässt man sich aber auf ein unvoreingenommenes Sehen ein, so entdeckt man da, wo manch einer nur Schmutz und Chaos sieht, spannende Strukturen, wunderbare Farbnuancen, erstaunliche grafische Linien und malerische Ein- und Ausblicke. Manfred Fessel und Marianne Bellenhaus, die in der Vergangenheit in Foto-Ausstellungen mit dem Foto- Quartett in der Volksbank, in der alten Molkerei Bocholt und vor allem schon mehrfach im Rathausfoyer Rhede Fotos zu verschiedenen Themen zeigten, suchten auf vielen Fototouren – mal gemeinsam, mal jeder für sich – solche verlassenen Orte auf und sammelten fotografische Impressionen. Jede der dabei entstandenen Fotografien kann eine sehr eigene Geschichte erzählen. Natürlich ist nur ein Bruchteil von den Hunderten und Aberhunderten von Fotos in der Ausstellung zu sehen, etwa 80. Doch um neben diesen Einzelfotos dem Betrachter einen tieferen Einblick in die Thematik zu ermöglichen, werden zu den verschiedenen Unterthemen jeweils Fotobände angeboten, die in der Ausstellung durchgeblättert, aber auch gekauft und zuhause in Ruhe betrachtet werden können.
Die Konzentration auf Unterthemen strukturiert die Ausstellung. So gibt es Fotografien von sehr eng begrenzten „Orten“, z. B. von verrosteten Autos am Straßenrand oder von Autowracks auf einem Autofriedhof. Auch findet sich eine Reihe von Fotos zu einem sehr dunklen Kapitel unserer jüngeren Geschichte, zum Thema Stasi.
Aber ebenso geht es um ganz einfache Häuser, leer stehend, in der Phase des Abbruchs oder danach, wenn nur noch umrisshaft an der Nachbarwand die Linienführung des ehemaligen Treppenhauses oder Tapetenreste zu erkennen sind – fast schon ein bisschen geisterhaft.
Andere Bereiche beschäftigen sich mit Themen des Umbruchs, etwa bei nicht mehr benötigten Bahnhofsgebäuden, bei den seit Jahren leer stehenden Werkshallen der Baumwollspinnerei in Gronau oder ganz aktuell bei den letzten Tagen der Weberei Frenk in Rhede. Gerade an diesem Beispiel wird deutlich, wie eine ganze Region ihr Gesicht verändert, nachdem die Textilindustrie von globalen Entwicklungen mehr und mehr aus dem Münsterland verdrängt wurde. Auch die Fotos von aufgegebenen Zechen in der Nachbarregion Ruhrgebiet weisen in diese Richtung. Doch wird bei den aufgegebenen Industrieanlagen um Kohle und Stahl eine erfreuliche Tendenz sichtbar. Dort entstanden und entstehen in den alten Gebäuden und auf den verlassenen Flächen Museen, Freizeitparks, Theater und anderes mehr. So bleibt die Vergangenheit in der Gegenwart für die Zukunft lebendig. Dieses Anliegen bestimmt auch die Arbeit der beiden Aussteller. Und die Präsentation ihrer Fotografien ist ein kleiner Schritt auf dieses Ziel hin.
Die Ausstellung wird am 26. September, also ausnahmsweise am Samstag, nachmittags um 16 Uhr eröffnet und kann anschließend bis zum 15.11. jeweils Di – So von 14 – 17 Uhr besucht werden.
Eintritt: 3,00 €, ermäßigt: 1,50€